Stimmen zur Fotografie von DG. Reiß
„Die „monumentalen Bildkompositionen“ von DG. Reiß werden durch das von ihm verwendete Sandwich-Verfahren bei der Herstellung der Positive verstärkt. Das fotografische Verfahren trägt damit entscheidend zur Steigerung der Abstraktion bei, bevor die Motive – auf Hochglanz gedruckt – werbeästhetische Normen widerspiegeln: eine weitere mediale Dimension zur Umsetzung der Komplexität der Themen.“
Volker Plagemann, Kunsthistoriker, 1992
„Stadt wird hier erfahrbar, nicht als etwas Gebautes, sondern als „Summe“ des Geschehenen. Walter Benjamin schrieb 1931 zu den menschenleeren Paris-Ansichten von Eugène Adget, „sie zeigten Tatorte und seien Indizien im historischen Prozeß. Dies läßt sich auch von diesen Bildern (Testigos Invisibles) sagen und stärker als bei Adget erweisen sie die Doppeldeutigkeit von Benjamins Formulierung. Indizien im historischen Prozeß – das meint zum einen Geschichte als Prozeß, zum anderen aber, und darum geht es vor allem, ist hier der Prozeß gemeint, der der Geschichte, dem Geschehenen gemacht wird.“ „Und es handelt sich zweifellos bei diesen Photographien (als Gegenstände, die eben mehr sind als ihre bloße Bildinformation), es handelt sich bei ihnen um Tafelbilder. Den Begriff verbinden wir gemeinhin mit Malerei, von ihr kommt er, wie auch die Mittel, die der Künstler Reiß einsetzt: die noblen breiten Rahmen machen sie zu etwas besonderem, herausgehobenen. Das Großformat, die schiere Fläche und Flächlichkeit machen sie geeignet als Projektionsfläche dessen, was wir über ihren Gegenstand wissen.“
Aus der Eröffnungsrede von T.O. Immisch,
Kustos Sammlung Photographie, Galerie Moritzburg Halle
„Ohne technisch mit Ausrissen oder computergenerierten Bildteilen zu arbeiten, sucht sein fotografischer Blick die Collage in der Wirklichkeit. Diese künstlerische Haltung leitet sich von einem Realismus-Begriff ab, der sich in Frankreich seit der Schule von Barbizon um Gustave Courbet Mitte des 19. Jahrhunderts auch als eine soziale, politische Kunstrichtung verstand und bis heute in transformierten Variationen ganze Generationen von Künstlern prägt und charakterisiert:
1. ein möglichst getreues Abbild der Wirklichkeitsausschnitte,
2. eine zwar abbildende, aber ungewohnte und neuartige Darstellung von Wirklichkeit und
3. eine Aufwertung und Egalisierung von Gegenständen, die zuvor als darstellungsunwürdige, „niedere“ Bereiche galten.“
Gunnar F. Gerlach: Kunst als „Öffentlicher Nahverkehr“
zwischen Untergrund, Pop und Politik – der andere Blick
des Fotokünstlers DG. Reiß, 1997
„Sein künstlerisches Motto ist seit den 70-er Jahren, die Fotografie nicht als Abbild sondern als Symbol zu begreifen.
Die Alltäglichkeit des Bildmotivs wird in Reiß` Fotografie im Detail betont und löst sich so aus „… ideellen Sinnbezügen und erscheint als abstrakte Form, als gegenständliches Gebilde, dessen rein visuelle Gegenwart und formalästhetische Qualität nunmehr ausschließlich zählen.“
„Das Alltägliche verbindet sich mit den Lebensumständen vieler Menschen, und die ästhetische Verfremdung des Alltäglichen durch den Ausschnitt schafft für viele verständliche visuell transportierte Denkanstöße.“
Claus Mewes, Kunsthaus Hamburg, 1999